Naturerholung im Wald – oder urbane Betriebsamkeit mit sozialem Brennpunkt und viel Autoverkehr?
In der Vorwahlzeit, am 16. August 2016, hatte Frau Carolina Boehm (SPD) als Kandidatin für das Abgeordnetenhaus zu einem Spaziergang an einem interessanten und umstrittenen Ort (hier: Teufelsberg) eingeladen, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen.
Am Eingang zur früheren „Field Station“ stieß auch der Staatssekretär für Kultur, Herr Tim Renner (SPD) zu der Gruppe aus etwa 50 Interes-senten mit viel Pressebeteiligung. Die eigentlich begrüßenswerte Idee einer Vor-Ort-Diskussion rückte in der Sicht des Aktions-bündnis Teufelsberg gleich zu Beginn in ein zweifelhaftes Licht, denn leider vertrat Herr Renner auf dieser Veranstaltung schon in seinem Grußwort Positionen, die völlig im Gegensatz zur Position des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller stehen (sitzen nicht beide im selben Haus?).
Auch mit dem sehr engagierten Einsatz des umweltpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Herrn Daniel Bucholz zugunsten einer wald- und naturverträglichen Zukunft des Teufelsbergs und gegen die kommerzorientierten Interessen der jetzigen Eigentümersind die Äußerungen Renners überhaupt nicht vereinbar. Was soll man von der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit einer SPD halten, die in einer für die Stadt wichtigen Angelegenheit so zwiespältig und widersprüchlich auftritt? Herr Renner und auch Frau Böhm sprachen vom „Beginn eines Diskussionsprozesses“ um diesen einzigartigen Standort der neuartigen und berlintypischen Kultur. Demgegenüber gab es jedoch davor den Abschluss eines mehrjährigen Diskussionsprozesses um die Zukunft des Teufelsbergs in Form eines „Runden Tischs“ in der 50. Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt am 26. 11. 2014. Michael Müller (damals in seiner letzten Amtshandlung als Senator für Stadtentwicklung und Umwelt) und mit ihm alle Fraktionen des Abgeordnetenhauses bedauerten die Zustände auf dem Berg unter den jetzigen Eigentümern („Investoren“ sollte man sie nicht nennen) und bezeichneten den Verkauf des Areals durch die Stadt als schweren Fehler. Der Rückerwerb durch die Stadt wurde als vordringlich erkannt, kann aber nicht zu absurd überhöhten Kaufpreisforderungen realisiert werden. Das Wortprotokoll dieser entscheidenden Sitzung kann nachgelesen werden, der zugrundeliegende Sachverhalt war aber Herrn Renner offensichtlich nicht geläufig.
Der erwähnte „Runde Tisch“ hatte als Ergebnis, dass sich die Meinungen und Positionen verschiedener Interessentengruppen am Teufelsberg annäherten. Das Aktionsbündnis Teufelsberg, in dem u. a. Naturschutzverbände und Anwohnervereinigungen vertreten sind, befürwortet in Abwandlung seiner zentralen Anliegen (1. Erwerb durch die Öffentliche Hand; 2. freier Zugang nach naturnaher Gestaltung; 3. Landschaftsschutz) auch die Erhaltung des Turms und dessen Gestaltung als Mahn- und Gedenkort – der nicht nur an Spionage und den kalten Krieg, sondern mehr noch an den Grunewald als Dauerwald, an die Verirrungen faschistischer Großmannssucht („Wehrtechnische Fakultät“) und an Kriegszerstörungen (Trümmerschutt von ca. 300.000 Wohnungen) erinnern soll. Einen Entwurf für die Gestaltung von Berg und Turm hat das Aktionsbündnis erarbeitet.
Hartmut Kenneweg