Offener Brief des Aktionsbündnisses vom 14.6.2017 an den Regierenden Bürgermeister

AKTIONSBÜNDNIS TEUFELSBERG seit 1997 Berlin, den 14.6. 2017
c/o Prof.Dr. Kenneweg Schomburgstraße 10
12277 Berlin Tel. 030-722 66 10
kontakt@aktionsbuendnis-teufelsberg.de
www.aktionsbuendnis-teufelsberg.de

 

OFFENER BRIEF
an den Regierenden Bürgermeister und den Senat von Berlin
TEUFELSBERG jetzt vollenden !

Sehr geehrter Regierender Bürgermeister,
sehr geehrte Senatorinnen für Umwelt, Stadtentwicklung, sehr geehrter Finanzsenator!
Es ist u.E. jetzt Zeit, kommunal- und landespolitisch zu handeln, den großen Teufelsberg
endgültig landschaftlich als Höhepunkt des Grunewaldes zu gestalten und der Bevölkerung zugänglich zu machen,
– 23 Jahre nach Abzug der Besatzungsmächte und
– 13 Jahre nach Verfall des Bau- und Planungsrechtes der
gescheiterten Investorengruppe für das Teufelsbergplateau.

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Michael Müller, seit 2014 unterstützen alle
Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus Ihre öffentliche Absichtserklärung zu diesem
Ziel, um das sich auch unser Aktionsbündnis aus Naturschutzverbänden und Anwohnervertretungen seit 20 Jahren bemüht.
Wir bitten Sie daher, nach den umfangreichen Anhörungsverfahren 2013/14 jetzt die
Weichen zu stellen, das Rückerwerbsverfahren voranzutreiben und keine Verwaltungsentscheidungen zuzulassen, die gegenwärtige unzulässige umfangreiche gewerbliche Nutzung des Plateau-Geländes im Außenbereich/Wald/LSG verfestigen* können. Hier zu zählt auch die in letzter Zeit vom Pächter des Geländes propagierte Idee einer „Künstlerkolonie“ auf dem Berg.
Wir begrüßen den Koalitionsbeschluss zum Teufelsberg, der durch den von uns seit 2004 vorgelegten Gestaltungsvorschlag voll ausgefüllt werden könnte:
Er sieht vor, die Plateaufläche nach Abbruch der ruinösen Gebäude zu übererden und
landschaftlich zu gestalten. Der höchste Punkt der Aufschüttung läge dann 127 m über
N.N., das sind 12 m über dem gegenwärtigen Niveau. Oben auf dem Hügel befände
sich der Zugang zum vorhandenen Stahlbetonturm, der allein als stadtbildprägende
Landmarke und künftiger Aussichtsturm erhalten bliebe. Vom Turm ausgehend sollen
zwei geneigte Liegewiesen geschaffen werden, von denen aus sich reizvolle Aussichten
über den Wannsee und die Stadt ergeben. Der Turm selber sollte künftig einen kleinen
Imbiss im Eingangsgeschoss, auf den vier Zwischenplattformen ein Museum (544 qm) als
Erinnerungsort und einen Aussichts- und “Klangraum“ mit Café und Kultur in der Kuppel aufnehmen.

Der für ganz Berlin wichtige Ort darf nicht länger unter Renditegesichtspunkten privat
bewirtschaftet werden. Die Berliner Forsten sollten für die Realisierung der Koalitionsabsicht daher kurzfristig mit den dafür nötigen Mitteln ausgestattet werden.
Mit freundlichem Gruß

Prof. Dr. H.Kenneweg Dipl.Ing. E.Kuntzsch

für das AKTIONSBÜNDNIS TEUFELSBERG

* z.B. Verlegung von einer umfangreichen neuen Kabeltrasse durch den Wald

 

 

 

 

Diskussionsveranstaltung „Was wird aus dem Teufelsberg?“ am 3.5.2017 im Ökowerk

Kann ein Gewerbegebiet inmitten des Grunewalds geduldet werden?

Der Abend des 3. Mai 2017 war wieder einmal der Zukunft des Teufelsbergs gewidmet, eine unendliche Geschichte zwischen Wald und Politik, wie es auch der Buchtitel der von der SDW, LV Berlin herausgegebenen neuen Schrift von Dr. Mielke zum Ausdruck bringt. Das Aktionsbündnis Teufelsberg, gemeinsam mit seiner Mitgliedsorganisation „Ökowerk Berlin“ hatte Berliner Politiker einige Zeit nach der Neuwahl des Abgeordnetenhauses zu einem Hearing in die Waldhalle des Ökowerks eingeladen.  In der gut besuchten Veranstaltung diskutierten auf dem Podium (Bild, v. links nach rechts) die Mitglieder des Abgeordnetenhauses Bucholz (für die SPD), Efler (für die Linke), Freymark (für die CDU), Herr zu Lynar (Leiter des Amts für Umwelt und Naturschutz im Bezirk, später auch Herr Schruoffeneger, Baustadtrat im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf), Herr Berger (Ökowerk, Moderator) und Prof. Kenneweg (Aktionsbündnis Teufelsberg).

Diskussionsveranstaltung_3_5_2017_Oekowerk

Das Podium war sich einig im Bedauern, dass es seit der letzten Veranstaltung im gleichen Rahmen und am gleichen Ort, nämlich am 11. Juli 2016, noch keine größeren Fortschritte bezüglich der damals einhellig proklamierten Ziele gebe, nämlich Rückführung des Areals in öffentliches Eigentum und freie Zugänglichkeit als Erholungsschwerpunkt für alle Berliner. Die Tatsache, dass der Koalitionsvertrag der drei jetzt in Berlin regierenden Parteien den Teufelsberg als einen von 13 Orten mit gesamtstädtischer Bedeutung ausweist, dem besondere Aufmerksamkeit und großes Engagement zu widmen ist, hat sich bisher noch nicht deutlich bemerkbar gemacht. Immerhin wurde aus der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz schriftlich erklärt, dass die Aufnahme des Teufelsbergplateaus in die neue Landschaftsschutzverordnung für den Grunewald vorgesehen sei.

MdA Freymark (CDU) forderte, das Verschieben der Entscheidungen und der Verantwortung müsse ein Ende haben, und eigentlich gehörten Senatoren als Entscheidungsträger auf ein solches Podium. Die Frage nach der Interpretation der Passage zum Teufelsberg im Koalitionsvertrag („Die Koalition strebt an, den Teufelsberg in Zusammenarbeit mit den Berliner Forsten, freien Trägern des Naturschutzes und der kulturellen Arbeit als Erinnerungs- und Natur-Ort öffentlich zugänglich zu machen“) konnte wegen der Nicht-Verfügbarkeit des Grundstücks für die Stadt nicht mit konkreten Vorschlägen präzise beantwortet werden, sondern blieb vage. Das Dilemma der klaffenden Lücke zwischen horrenden Kaufpreisforderungen der privaten Eigentümer und dem objektiv geringen Wert des Grundstücks nach dem Erlöschen des Baurechts wurde in diesem Zusammenhang diskutiert, aber konkrete Vorschläge zur Überwindung dieses Problems kamen nicht zur Sprache.

Stillstand? Nicht ganz. Eine Kontroverse wurde sehr deutlich. Auf der einen Seite, nämlich der der Eigentümer, Pächter und Befürworter von künstlerischen und kulturellen Aktivitäten sind erhebliche und erfolgreiche Anstrengungen gemacht worden, um die Besucherzahlen zu steigern und das Betreten der Ruinen sicherer zu machen. In Redebeiträgen aus dem Publikum forderten diese, ihre Bemühungen und deren große Bedeutung für die Attraktion Berlins gegenüber Touristen anzuerkennen. Von der Gegenseite, nämlich den Veranstaltern und allen Mitgliedern des Podiums wurden die stark gesteigerten Aktivitäten auf dem Berg sehr skeptisch oder strikt ablehnend kommentiert. Es handele sich überwiegend um kommerziell motivierte Vorhaben, die von (unzulässigen) Baumaßnahmen und einem enormen motorisierten Verkehrsaufkommen auf gesperrter Waldstraße begleitet seien. Es sei bereits ein betriebsames Gewerbegebiet mit hohen finanziellen Umsätzen im Zentrum des Erholungswaldes und inmitten des Landschaftsschutzgebietes entstanden, das an diesem Ort keinesfalls geduldet werden könne.

Versöhnlich stimmte gegen Ende der Veranstaltung der Beitrag einer Zuhörerin aus dem Publikum. Man solle doch aus der ehemaligen Abhörstation eine „Zuhörstation“ machen.  Das, immerhin, könnte von allen Beteiligten begrüßt werden, und es gibt auch auf dem Berg eine Stelle dafür, die von allen Beteiligten, Eigentümern, Künstlern, Naturschützern, Politikern usw. geschätzt wird und die auf jeden Fall erhalten werden soll: Die Kuppel auf dem zentralen Turm hat besondere akustische Eigenschaften mit so langem Nachhall, dass sehr ungewöhnliche musikalische Erlebnisse und andere Zuhör-Aktionen möglich werden.

Hartmut Kenneweg, 5. 5. 2017